Salzburg, 01.08.2024 (KAP) Der “Publikumspreis” der Salzburger Hochschulwochen geht heuer an die Freiburger Theologin Hannah Ringel. Der mit 1.000 Euro dotierte erste Preis für Nachwuchswissenschaftler wurde am Donnerstagnachmittag in Salzburg vergeben. Er ist nach dem “Theologischen Preis” die zweite Auszeichnung, die im Rahmen der Hochschulwochen vergeben wird. Würdigt der “Theologische Preis” ein Lebenswerk, so versteht sich der “Publikumspreis” als Förderpreis für Nachwuchswissenschaftler der Jahrgänge 1989 und jünger.

Eine Fachjury hatte im Vorfeld aus den Einreichungen drei anonymisierte Vorträge ausgewählt. Die Zuhörer hatten dann die Möglichkeit, die Vorträge nach fachwissenschaftlicher Qualität, inhaltlicher Originalität sowie im Blick auf die kommunikative Transferleistung zu bewerten. Der mit 500 Euro dotierte zweite Preis ging an den Grazer Lehrer und KI-Experten Dominik Freinhofer; der mit 300 Euro dotierte dritte Preis ging an die Salzburger Theologin Andrea Maria Schmuck.

 In ihrem Siegervortrag unter dem Titel “The Imitation Game” zeigte Ringel auf, wie stark die Beziehungen zwischen Mensch und Maschine in Zeiten von Künstlicher Intelligenz zu einer Frage des Vertrauens wird. Einen Hinweis auf die Bedeutung des Vertrauens in dieser Beziehung gebe u.a. die Europäische Union, die im Zusammenhang mit dem jüngst verabschiedeten “Artificial Intelligence Act” von einer Regelung für “trustworthy AI” sprach, also vertrauenswürdiger AI.

Ringel: “Vertrauen wird zum gestaltenden Faktor der Mensch-Maschine-Beziehung und insbesondere deren Imitationsbeziehung, in denen der Mensch zugleich Urheber der Nachahmung und selbst Imitierter ist.” Als Nutzerinnen und Nutzer, die zugleich Menschen, die gewohnt seien, in Vertrauensverhältnissen zu leben, sei man auch im Verhältnis zu Maschinen und KI herausgefordert, “vertrauen zu wollen”. Vertrauenswürdig werde KI allerdings nur dann, wenn deren Funktionalität und deren Limitierung bzw. Regulierung transparent sei, so Ringel.

 Demselben Themenkomplex war auch der Vortrag des zweitplatzierten Dominik Freinhofer gewidmet: In seinem Vortrag “Vertrauen 4.0” zeigte Freinhofer anhand der Fehleranfälligkeit aktueller KI- und Sprachsysteme wie ChatGPT auf, dass sie nicht nur durch falsche Auskünfte oder bewusst generierte “Fake News” das Vertrauen schwächten, sondern zudem auch im schulischen Alltag etwa das Lehrer-Schüler-Verhältnis auf eine harte (Vertrauens-)Probe gestellt werde. Angesichts dessen plädierte Freinhofer für eine “grundlegende KI-Ausbildung für alle Bürger”, beginnend in der Schule, sowie für eine ethische Ausbildung für Entwickler von KI-Systemen.

 Dem sensiblen Feld des jüdisch-christlichen Dialogs und der Bedeutung des Vertrauens in diesem Bereich war der Vortrag von Andrea Maria Schmuck gewidmet. Ausgehend von dem aufsehenerregenden Fall der Zwangstaufe des jüdischen Kindes Edgardo Mortara im 19. Jahrhundert und dem Verhalten des Papstes (dieser Fall war zuletzt wieder öffentlich diskutiert worden im Zuge einer Verfilmung des Stoffes) zeigte Schmuck auf, wie stark die Geschichte der Judenmission in der Kirche und der Substitution des Volkes Israel in der Theologie bis heute das jüdisch-christliche Verhältnis belasten – und wie fragil das seither gewachsene Vertrauen sei. Wichtig sei, dass die Absage an jede Form der Judenmission heute “kein reines Lippenbekenntnis” bleibe und eine kirchenrechtliche Korrektur im Blick auf Nottaufen erwogen werden sollte, so Schmuck.

Biografische Notizen

Hannah Ringel wurde 1995 geboren. Sie studierte bis 2017 Theologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Seit 2018 promoviert sie dort. Sie war u.a. in der Katholischen Erwachsenenbildung in der Diözese Limburg tätig sowie ebenfalls in Limburg als Referentin der Projektleitung “Betroffene hören – Missbrauch verhindern. Konsequenzen aus der MHG-Studie” tätig. Seit 2021 arbeitet sie als Consultant für Business Transformation bei BridgingIT GmbH Mannheim.

 Dominik Freinhofer wurde 1996 im niederösterreichischen Mostviertel geboren. Er studierte “Global Sales and Marketing” an der FH Steyr. Anschließend folgte ein Studium Lehramt für Englisch und Geschichte an der Uni Graz. Aktuell unterrichtet er als Lehrer an der Fachschule Schloss Stein, forscht an der Universität Graz zum Thema “Ethik und Künstliche Intelligenz” und ist als Vortragender in der Erwachsenenbildung zum Thema Künstliche Intelligenz tätig.

Die Theologin Andrea Maria Schmuck wurde 1990 in Bad Reichenhall geboren. Sie studierte die Fächer Deutsch und katholische Religion auf Lehramt sowie Katholische Fachtheologie in Salzburg. Dort stellte sie zuletzt auch ihre Dissertation “Glaubensraum Dialog. Zur Erkenntnistheorie des jüdisch-christlichen Dialogs” fertig. Seit Jänner arbeitet sie im Erzbischöflichen Ordinariat München, zudem ist sie als Senior Scientist im Projekt “Theologie als Hoffnungsforschung” der Universitäten Erfurt und Salzburg tätig.

Text & Fotos: Dr. Henning Klingen

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